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20:41 MOSKAU, 14. Oktober (Juri Saizew für RIA Novosti). Die Trägerrakete Sojus-FG hat am 12. Oktober vom Weltraumbahnhof Baikonur Raumschiff Sojus TMA-13 mit 18. ISS-Crew erfolgreich ins All gebracht.

An Bord des Schiffs befinden sich der russische Kosmonaut Juri Lontschakow, der NASA-Astronaut Michael Fincke und der sechste Weltraumtourist Richard Garriott. Nach einem zweitägigen Flug dockte das Schiff an die ISS an, und die Crew stieg an Bord der Raumstation.

Keine ballistische Rückkehr?

Lontschakow und Fincke lösen die Kosmonauten Sergej Wolkow und Oleg Kononenko ab, die seit April im Orbit sind. Der amerikanische Astronaut Gregory Chamitoff, der mit ihnen zusammen arbeitete, soll auch im nächsten Team präsent sein und bleibt bis November im Weltraum. Er soll von der Astronautin Sandra Magnus abgelöst werden, die mit einer Shuttle-Raumfähre zur ISS fliegen soll.

Richard Garriott bleibt zehn Tage an Bord der Station. Er wird eine Reihe von wissenschaftlichen Experimenten durchführen, die teilweise er selbst und teilweise die Raumfahrtbehörden mehrerer Länder entwickelt haben. Am 24. Oktober kehrt er zusammen mit Sergej Wolkow und Oleg Kononenko zur Erde zurück.

Die beiden vorigen Sojus-Teams kehrten mit schweren Überbelastungen zur Erde zurück, da einer der Sprungbolzen, die für den Abschuss der Landekapsel beim Eintritt in die Atmosphäre verantwortlich sind, nicht funktionierte. Doch der Chef der russischen Raumfahrtbehörde Roskosmos, Anatoli Perminow, ist der Ansicht, dass es kaum eine dritte ballistische Rückkehr geben werde. Hundertprozentige Garantien gibt es jedoch im Umgang mit Technik nicht.

Ende letzten Jahres wurde verkündet, dass die gegenwärtige 18. Expedition die letzte mit drei Teammitgliedern sei. Im nächsten Frühjahr soll die Crew auf sechs Personen erweitert werden. Die Systeme der ISS können den Aufenthalt einer solchen Crew ermöglichen. Zukünftig sollen die neuen russischen Module ein Team aus zehn Personen ermöglichen. Dennoch sei das noch eine Diskussionsfrage, keine feststehende Entscheidung, sagte Perminow.

Was ersetzt die amerikanischen Shuttles?

Außer der Instandhaltung der Station, etwa 50 wissenschaftlichen Experimenten und den Ausstiegen in den Weltraum soll die neue Expeditionscrew zwei Progress-Frachter empfangen und den Endeavour-Shuttle andocken lassen. Sein Start ist auf den 14. November angesetzt. Termine für spätere Flüge sind vorerst unbekannt. Nur eines ist sicher: Dass die Shuttles nach 2011 nicht mehr fliegen.

Amerika wird für mehrere Jahre die Möglichkeit verlieren, seine Astronauten eigenständig zur ISS zu schicken. Die USA werden bestenfalls bis 2015 ein neues Schiff gebaut haben. Bis zu dieser Zeit behalten die russischen Sojus-Schiffe das Monopol für bemannte Flüge zur Station. Einige Experten sagen sogar voraus, dass es nach dem 31. Dezember 2011 weder amerikanische Astronauten noch deren internationale Expeditionspartner geben wird.

Im Endeffekt hat der US-Senat nach schwierigen Debatten eine Änderung verabschiedet, die die NASA vom Gesetz über die Nichtverbreitung von Waffen nach Iran, Nordkorea und Syrien befreit. Die US-Weltraumagentur hat die Möglichkeit bekommen, nach 2011 Flüge der amerikanischen Astronauten mit Sojus-Schiffen zu vereinbaren und Ausrüstung, Technologien und Dienstleistungen für die ISS bei Russland zu kaufen. Die entsprechenden Verträge sollen mit Hinblick auf den Herstellungszyklus der Sojus-Schiffe nicht später als 2009 unterzeichnet werden.

Dann gibt es keine unerwünschten Pausen zwischen den ISS-Missionen der amerikanischen Astronauten. Laut NASA-Chef Michael Griffin wird der Kauf der Sojus-Schiffe nicht nur die planmäßigen Flüge der amerikanischen Astronauten zur ISS, sondern auch die Erfüllung von Amerikas Verpflichtungen gegenüber den europäischen, kanadischen und japanischen Partnern ermöglichen.

Natürlich ist das für die russische Raumfahrt eine erhebliche Belastung, die gutes Geld verspricht, aber die Verwirklichung von anderen Weltraumprogrammen behindern kann.

Um den „moralischen Schaden“ auszugleichen, hat die NASA beschlossen, nach 2011 ihre Lasten nicht mehr mit russischen Progress-Schiffen zur ISS zu bringen. Zuvor hieß es, dass die USA nach dem Ende der Shuttle-Flüge das japanische HTV-Lastschiff benutzen könnten, das eine Ladung von bis zu sechs Tonnen tragen kann. Die inoffiziellen Verhandlungen darüber fingen bereits im Februar dieses Jahres an. Der erste Testflug der HTV soll im Herbst 2009 stattfinden. Wenn er erfolgreich verläuft, plant die NASA, das Schiff zu kaufen und einmal pro Jahr zu benutzen. Es soll aber circa 120 Millionen Dollar kosten, erheblich teurer als die Progress.

Künftige Lebensdauer der ISS

Gegenwärtig wird auf Russlands Initiative darüber verhandelt, dass die ISS weitere fünf Jahre nach Ablauf der Garantiefrist, also bis 2020 statt 2015, genutzt werden könne. Die Bauarbeiten an der ISS sollen bis 2010 abgeschlossen werden. Doch sie werden wegen Russlands fehlender Gelder und der Probleme der USA sowie deren Partner mit dem Shuttle bestenfalls bis 2015 fertig. Gegenwärtig gibt es eigentlich kein vollwertiges russisches Segment auf der Station.

Es wäre dumm, die Bauarbeiten abzuschließen und den endlich arbeitsfertigen Orbitalkomplex zu verlassen. Fast alle Teilnehmer des Projekts unterstützen die Betriebsverlängerung. Wahrscheinlich wird ein Abkommen darüber zustande kommen, wenn die Finanzkrise keinen Strich durch die Rechnung macht.

Doch auch die logistische Versorgung der ISS muss verbessert werden. Die Entwicklung der Sojus-Schiffe fing 1962, gleich nach dem Flug von Juri Gagarin an. Die jetzige Sojus TMA-13 ist das 100. Schiff dieser Art mit einer Mannschaft an Bord. Bis 2015 soll Russland ein neues bemanntes Schiff bauen. Der erste Schritt in dieser Richtung war die Modernisierung der Grundlagensysteme der Sojus. Das modernisierte Schiff soll bereits im Frühjahr 2009 zur ISS starten.

Laut Vitali Lopota, Chefkonstrukteur der Raketenkorporation Energija, soll der Typ des neuen russischen bemannten Schiffes erst dann bestimmt werden, wenn feststeht, wohin es fliegen soll.

Laut Lopota ist der tragende Rumpf die Grundlage der Schiffskonstruktion. Das Schiff wird mindestens sechs Menschen in die Umlaufbahn bringen und die Rettung der Raumflieger sowohl beim Start als auch bei jeder Flugphase sichern können. Laut Lopota ist das Schiff weltweit einmalig.

Doch Kosmonaut Sergej Krikaljow ist der Meinung, dass Russland verschiedene Arten von Raumschiffen für verschiedene Aufgaben brauchen werde. „Es ist unmöglich, ein Schiff zu schaffen, das sowohl für die Flüge zur Erdumlaufbahn als auch für Mond- oder Marsmissionen passt“, sagte er.

Die Internationale Raumstation unterscheidet sich wenig von denen, die Russland und zuvor die Sowjetunion vor mehr als 35 Jahren gebaut hat. Es ist also kein Fortschritt, nur eine Wiederholung. Sie ist aber nützlich, weil sie hilft, die Erfahrung der bemannten Flüge zu bewahren, die den Sprung in den erdfernen Weltraum ermöglichen wird.

Mond oder Mars?

Bei dem gegenwärtigen Niveau der Wissenschaft und Technik kann es zwei Flugrichtungen ins ferne All geben: Eine Mondexpedition oder eine Marsmission. Der Mond ist nur als Zwischenstufe einer Reise zum Mars interessant. Diese Meinung äußerte der Direktor des Instituts für Weltraumforschung, Akademiemitglied Lew Seljony.

Der Mond sei kein passender Himmelskörper für eine Besiedlung, sagte er. Ein ständiger bewohnter Stützpunkt auf dem Mond mache auch keinen großen Sinn. Es sei zu teuer und habe keine ernstzunehmenden Perspektiven, da die Bedingungen auf dem Mond äußerst unpassend für Menschen sind. Es gebe aber ein Projekt für einen Radioteleskop auf der Mondoberfläche. Dieser könne aber von automatischen Robotern ohne Menschen errichtet werden.

Auch die Venus kommt für eine Erschließung durch den Menschen nicht in Frage: Der Druck auf der Oberfläche betrage 100 Atmosphären und die Temperatur 700 Grad. Merkur ist zu nah an der Sonne und die Satelliten der gigantischen Planeten sind starker Strahlung ausgesetzt.

Damit verspricht der Mars als Ort für bewohnte Stützpunkte und Menschensiedlungen außerhalb der Erde das meiste. Die dortigen Bedingungen sind zwar kaum angenehm, lassen sich aber verändern. Genau dieser Planet soll als strategisches Ziel für die bemannten Flüge fungieren, und die erdnahen Raumkomplexe in der Umlaufbahn sind Vorposten für die Vorbereitung von Marsmissionen, sagt Seljony. Selbstverständlich werden davor auch genaue Studien des Mars mit Automaten, die größtenteils auf der Oberfläche des Planeten arbeiten sollen, nötig sein.

Die russischen Wissenschaftler planen, 2014 ein Projekt zum Aufbau eines Netzes von Forschungsstationen auf dem Mars zu beginnen. Gegenwärtig steht ein Projekt mit 15 Stationen dieser Art auf dem Programm. Die Stationen sind sehr klein, ihre volle Masse beträgt 20 Kilogramm. Sie lassen sich nur mit einer Trägerrakete auf den Planeten bringen.

Die Grundaufgabe des Netzwerks soll in der regelmäßigen Messung der meteorologischen Kennwerte bestehen. Das ermöglicht eine Einschätzung des realen Klimas und der Dynamik der Atmosphäre, also der wichtigsten Parameter für die Erschließung des Planeten durch den Menschen, die gegenwärtig von den zahlreichen amerikanischen Apparaten auf dem Mars nicht erforscht werden.

Zur Person des Verfassers: Juri Saizew ist Experte des russischen Instituts für Weltraumforschung.

Die Meinung des Verfassers muss nicht mit der der RIA Novosti übereinstimmen.

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